Im gleichen Maße wie mich die tierfreie Küche begeistert, stürzte mich die tierfreie Backstube in tiefste Verzweiflung - meine erste tierfreie Sachertorte hatte ein Problem mit fester Bindung und bröselte in gefühlten 1000 Einzelteilen aus der Backform, ein Zitronenkuchen ging im Ofen erst frohlockend auf um dann umgehend wieder in sich zusammenzufallen und als matschiger Ballen zu enden....eine Möhrentorte war beim ersten Anlauf ebenso bröselig wie die Sachertorte, im zweiten Anlauf matschiger als der Zitronenkuchen...einzig solide gelungen war da bisher mein
Kiba-Schokokuchen, aber die Aussicht bis zu meinem Lebensende ausschließlich dieses Backwerk auf dem Kaffeetisch zu sehen, erfreute mich ja nun doch eher bedingt.
Eine Freundin von Mandy hatte den Tip parat, bei einem Mürbeteig dessen Rezept meist nur 1 Ei vorsieht selbiges durch 1 Eßlöffel Öl zu ersetzen - und das Ergebnis eines Apfelkuchen-Versuchs war zumindest leidlich bis ausbaufähig, aber nicht begeisternd. Milch und Butter tierfrei zu ersetzen scheint weitestgehend problemlos möglich, aber die blöden Eier lassen mich vor dem Backofen oft die Haare raufen. Doch auch wenn der Deckel der Biotonne nicht mehr runtergeht - ich habe einen fanatischen Ehrgeiz entwickelt, ich will nur EINEN einzigen leckeren Kuchen, der bitteschön nicht nach freudlosem Veganklischee aussieht und bitteschön schmeckt.
Gestern auf der Heimfahrt klingelte es plötzlich im Hirnstübchen...Hefeteig....was bin ich doch für ein Dämel, das ich da nicht sofort drauf gekommen bin! Brot funktioniert doch auch ohne die Bindung von Eiern....und das Ganze dann einfach mit Zucker und Sojamilch als süße Variante...nix wie heim an den Ofen, das muss getestet werden...aber hurtig!
Und nun, zwei Testläufe später, präsentiert das Holle-Backstudio mit sabbernden Mundwinkeln den simplen, aber extrem leckeren
Hefekranz mit Haselnuss-Füllung (falls das Orchester noch nicht vor Langeweile eingeschlafen ist, wäre ein kleiner Trommelwirbel echt mal ein netter Zug!)
Zutaten:300 ml Sojareismilch (jede andere Pflanzenmilch geht sicher auch)
50 g Rohrzucker
1 Würfel Hefe
500 gr. Dinkelmehl Type 1050
1 Eßl. naturtrüber Apfelessig
50 ml Weizenkeimöl
1 Päckchen Bourbon-Vanillezucker
1 Prise Salz
100 gr. Margarine
75 g. Rohrzucker
2 Eßl. Wasser
2 Eßl. Hafersahne
200 gr. gemahlene Haselnüsse
1 Eßl. Aprikosenmarmelade
Die Sojareismilch leicht erwärmen und den Würfel Hefe einbröseln und auflösen, den Zucker zugeben, alles verrühren und an einem warmen Ort (in meinem Fall: am Ofen) zugedeckt ca. 10 Minuten ruhen lassen, um die Hefe zu aktivieren. Nach einer Weile fängt es an zu schäumen und zu gären - perfekt, nun also das Mehl, den Essig, das Öl, Vanillezucker und Salz einkneten, bis ein zäher weicher Teig entsteht. Diesen nochmal in der Schüssel am Herd aufgehen lassen - Dauer: so lange bis die Füllung fertig ist...also, keine Hektik beim Zubereiten der Haselnussmasse.
Für die Füllung die Margarine in einem Topf schmelzen und den Zucker einrühren, bis er (zumindest teilweise) geschmolzen ist. Dann die Haselnüsse einrühren, 2 Eßl. Wasser und 2 Eßl. Hafersahne einrühren, etwas probieren (vollkommen unnötig), lecker finden.
Auf einer bemehlten Arbeitsfläche den Hefeteig zu einem Rechteckt ausrollen und mit der Füllung bestreichen, einrollen und vorsichtig als Kranz in eine gefettete Tarte-Form legen. Die Aprikosenmarmelade erwärmen und den Kranz damit bestreichen. Mit ein paar gehobelten Mandeln oder Haselnüssen (oder Sonnenblumenkernen oder Walnüssen oder....was halt gerade da ist) bestreuen und in den kalten Ofen stellen.
Den Ofen auf 200°C einstellen. Den Kranz nach ca. 15 Minuten mit Alufolie abdecken, sonst wird er durch die Marmelade schnell zu dunkel (dieses Schicksal ereilte Prototyp 1, war aber trotzdem lecker). Insgesamt 30 Minuten backen, danach die Hitze ausschalten und den Kranz noch 10 Minuten im geschlossenen Ofen stehen lassen.
Abkühlen lassen, aufschneiden, absolut lecker, süß und kaffeetafeltauglich finden...jippieh, es lebe die tierfreie Backstube!
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Da der Kuchen für morgen zum Afterwork-Kaffeeklatsch versprochen ist, gibt es von der End-Version nur ein Foto im unangeschnittenen Zustand - einen Einblick gibt es aber in den Rest vom ersten leicht überbräunten Prototypen. Der ist allerdings mittlerweile schon etwas vertrocknet. Man stelle sich also das Innere saftiger vor und das Äußere schöner - dann passt's.
Und ich? Ich freue mich. Wer braucht schon Eier zum Backen?